Bericht vom Besuch des Kernforschungszentrums CERN
Das Netzwerk Teilchenwelt hat es sich zur Aufgabe gemacht Jugendliche für die Physik, insbesondere für die Teilchenphysik zu begeistern. Warum ausgerechnet Teilchenphysik? Weil die Teilchenphysik versucht herauszufinden, wie und warum unser Universum entstanden ist. Am Besten gelingt es das Interesse für Teilchenphysik zu wecken, wenn Jugendliche vor Ort am größten Beschleuniger der Welt den Forschern über die Schulter schauen und selbst mit experimentieren dürfen.
Zwei Schüler des Leitungskurses Physik hatten Anfang Juni die Möglichkeit für eine Woche nach Genf in der Schweiz reisen und an einem Schülerworkshop teilnehmen zu dürfen. Anlässlich des 150. Geburtstages von Marie Curie wird es im November an unserer Schule auch einen Workshop zur Teilchenphysik geben. Interessierte können dann die Möglichkeit nutzen sich über die Arbeit und Angebote des Netzwerks Teilchenwelt dirket zu informieren.
Das CERN („Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire“ (frz.) = Europäischer Rat für Kernforschung) ist das größte Forschungsinstitut für Kern- und Teilchenphysik der Welt. Das 1954 eröffnete Gelände liegt neben Meyrin, einem Vorort der Stadt Genf, im Südwesten der Schweiz und beschäftigt heute rund 8.000 Mitarbeiter.
In der zweiten Juniwoche waren wir im Rahmen eines Programmes des Netzwerk Teilchenwelt eingeladen, an einem viertägigen Workshop für Jugendliche am CERN teilzunehmen, im Laufe dessen wir die Chance hatten, sowohl viele interessante Einrichtungen dort zu besichtigen, als auch uns einige spannende Vorträge rund um das Thema Teilchenphysik anzuhören.
Am Mittwoch war der Treffpunkt um 17 Uhr über dem Restaurant 1 im CERN Hauptgebäude. Wir flogen am frühen Vormittag vom Dresdner Flughafen über München nach Genf, wo wir noch reichlich 6 Stunden hatten, um die Stadt zu erkunden, uns an den Genfer See zu setzen und den Sonnenschein zu genießen. Als wir schließlich am Nachmittag nach einer halben Stunde Straßenbahn auf dem CERN Gelände ankamen, trafen wir bereits andere Teilnehmer und fanden zusammen den Weg durch das endlose Labyrinth von Gängen von der Rezeption bis zum CERN Hostel, wo wir unsere Koffer abstellten und uns ein wenig entspannten. Um 17 Uhr trafen wir uns zum ersten Mal alle zusammen. Es gab eine kurze Kennenlernrunde, und wir bekamen eine kurze Führung zu einigen wichtigen Orten am CERN, beispielsweise dem Gang, wo das Internet erfunden wurde.
Wir aßen im Restaurant ein köstliches Abendessen und spielten danach draußen an der frischen Luft ein paar lustige Runden Physik-Tabu. Im Hintergrund schien die untergehende Sonne auf den Mont Blanc der französischen Alpen.
Am Donnerstag besuchten wir nach einem einführenden Vortrag das CERN Control Centre (CCC). Von dort werden die riesigen Teilchenbeschleuniger wie der PS (628m), der SPS (7km) und der LHC (27km!) gesteuert und überwacht. Auf großen Bildschirmen sieht man Unmengen von Zahlen und Graphen: Daten, die nur von den dort arbeitenden Experten übersetzt werden können. Unzählige leere Champagner- und Sektflaschen sind zudem oben auf den Schränken angereiht.
Danach besuchten wir das Kontrollzentrum des Alpha Magnetic Spectrometre (AMS), eines vom CERN gebauten Detektors, der auf der Internationalen Raumstation positioniert ist, und cosmische Teilchen im Weltall misst. Das AMS gehört jedoch zum Programm der NASA und hat offiziell nichts mit dem CERN zu tun, außer der Tatsache, dass es hier gebaut wurde und das Kontrollzentrum aus diesem Grund noch hier stationiert ist.
Am Nachmittag besuchten wir zunächst die ISOLDE Einrichtung, welche eines der wenigen Experimente am CERN ist, das sich noch mit der Kernphysik beschäftigt. Heutzutage wird nämlich fast nur noch in der Teilchenphysik geforscht, welche Teilchen untersucht, die um mehrere Größenordnungen kleiner sind als Atomkerne, aber zur Zeit der Entstehung des CERN noch nicht bekannt waren (Deswegen ist der Name „CERN“ im Grunde genommen auch nicht mehr aktuell). Der letzte Besuch des Tages war der „Antiproton Decelerator“, welches, wie der Name schon sagt, Antiprotonen, die bei hohen Energien entstehen, abbremst, um damit experimentieren zu können. Das Ziel für 2017 ist hier, ein stabiles Atom Antimaterie zu speichern, nämlich ein Anti-Wasserstoffatom, bestehend aus einem Antiproton und einem Antielektron (Positron).
Nach dem Abendessen schauten wir den interessanten Dokumentarfilm „Particle Fever“, welcher von der Entdeckung des Higgs-Boson am CERN berichtet. In der Nacht unternahmen wir in einer kleinen Gruppe einen Rundgang auf dem CERN Gelände, um den Ort etwas näher zu erkunden. Dabei trafen wir zufällig auf die CERN-Feuerwehr, die uns freundlicherweise eine Besichtigung der Feuerwehrstation anbot.
Am Freitag hörten wir einen Vortrag zum Standardmodell der Teilchenphysik. Dabei lernten wir unter anderem, welche Bedeutung das 2012 am CERN entdeckte Higgs-Boson darin hat. Im Anschluss folgte ein praktischer Teil, in dem wir im Schülerlabor, welches den schönen Namen S´Cool Lab trägt, kleinere Experimente durchführten. Es wurden Nebelkammern zum Sichtbarmachen der Bahnen geladener Teilchen gebaut, der Lumineszenzeffekt von Röntgenstrahlung untersucht und das Widerstandsverhalten von Supraleitern bei abnehmender Temperatur ermittelt. Nach dem Mittagessen begaben wir uns auf Schnitzeljagd durch Genf, wobei wir bei einem Rundgang durch die Innenstadt Fragen beantworten mussten. Als Lösung erhielten wir den Satz „Eine Portion Käsefondue entspricht der Masse von 10 hoch 24 Higgsteilchen“. Eben dieses Käsefondue erwartete uns am Ziel in der „Cave Valaisanne“, wo wir den Abend ausklingen ließen.
Am Samstag reisten wir leider schon wieder nach Hause, zuvor besichtigten wir aber noch das Synchro-Zyklotron, welches der erste Teilchenbeschleuniger am CERN war und heute nur noch Ausstellungszwecken dient. Darauf folgend besuchten wir die Magnettesthalle, in der die 1232 supraleitende Dipolmagnete des LHCs gebaut wurden, die den Teilchenstrahl auf eine Kreisbahn bringen. Damit endete der 14. Workshop für Jugendliche am CERN. Da wir noch Zeit bis zum Abflug hatten fuhren wir mit der Fähre über den Genfer See und aßen für 7(!) CHF (ca. 6,50€) zwei Kugeln Eis. Spät abends landeten wir dann wieder gut auf dem Dresdner Flughafen.
Insgesamt haben wir vier erlebnisreiche Tage am CERN verbringen dürfen. Besonders beeindruckt waren wir von der Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der dort arbeitenden Menschen. Der Besuch war sehr lohnend und wird uns lange in Erinnerung bleiben. Wir danken Herrn John, der uns auf das Netzwerk Teilchenwelt aufmerksam gemacht hat und empfehlen allen interessierten Schülern die Beteiligung darin.
Josefin Bernard & Joris Josiek, 11F